Predigt für den Sonntag nach Ostern

28. April 2019

In Christus Geliebte,

Mutter vom Guten Rate, Genazzano

Mutter vom Guten Rate, Genazzano

Am 26. April feiern wir jedes Jahr das Fest der Muttergottes vom Guten Rat. Unter diesem Titel wird sie in der Lauretanischen Litanei angerufen. Weil dieses Datum heuer in die Osteroktav gefallen ist, wird das Fest – als Patrozinium des Instituts Mutter vom Guten Rate, dem ich angehöre – auf den morgigen Montag verschoben. (Am Dienstag ist dann das Fest des hl. Evangelisten Markus.)

Aus diesem Anlaß möchte ich euch heute die Geschichte des wundertätigen Bildes erzählen, auf das die Verehrung der Muttergottes unter diesem Titel zurückgeht.
Vor etwa sechshundert Jahren lebte zu Genazzano, einem Ort, der nicht weit von Rom entfernt ist, eine fromme, gottselige Jungfrau. Petruzzia war ihr Name. Sie trat, um zu einer höheren Vollkommenheit des Lebens zu gelangen, in den dritten Orden des heiligen Franziskus von Assisi ein und weihte sich gänzlich dem lieben Gott. Besonders war sie der allerseligsten Jungfrau Maria mit Liebe zugetan. Sie scheute keine Kosten, um das ihrige zur Verherrlichung Gottes und der Mutter der göttlichen Gnade beizutragen.

Beata Petruccia

Beata Petruccia

Da erhielt sie einst in einer himmlischen Erscheinung den Auftrag, sie möchte – anstatt der Augustiner-Kirche – die zu klein und baufällig gewesen war, eine viel größere und schönere erbauen, wozu ihr auch der besondere Beistand von oben verheißen wurde. Voll des kindlichen Vertrauens auf Gott legte die fromme Jungfrau wirklich die Hand an das Werk. Sie verkaufte alle ihre zeitlichen Güter und ließ auf ihre eigenen Kosten die ganze herrliche Kirche erbauen.

Es machte ihr die größte Freude, als sie sah, wie schnell es mit dem Bau der Kirche vorwärts ging. „O“, rief sie öfter, in seliger Ahnung versenkt, die frohlockenden Worte aus, „welch eine vornehme Frau wird in diese Kirche einziehen, und ich hoffe mit aller Zuversicht, sie vor dem Schluss des Jahres vollständig ausgebaut zu sehen!“

Reise des Frescos

Zum Schutz vor Entheiligung durch Muslime wurde das Bild ursprünglich ca. 1260 von Engel aus Jerusalem nach Scutari getragen.

Noch stand die Kirche nicht ausgebaut, als sich schon in einem viel höheren Grad wie vorher die wundersame Macht offenbarte, mit der Gott diese neue Kirche Marias begnadete. Denn fast um dieselbe Zeit geschah es, dass Scutari, eine Stadt in Albanien, von den Türken erobert wurde.

In besagter Stadt befand sich ein Marienbild, das mit frischen Farben an die Mauer gemalt war, und unter dem Namen „Maria vom Paradies“ großer Ehre unter den christlichen Bewohnern genoss. Die Türken entweihten alle christlichen Kirchen zu mohammedanischen Moscheen, zerstörten die Bilder Christi und seiner Heiligen, und bald wäre auch das genannte anmutige Marienbild ein Opfer ihrer vandalischen Wut geworden.

Allein Maria, die glorreiche Himmelskönigin, duldete nicht die Schmach, die ihr hier in der Vernichtung ihres Bildes sollte zugefügt werden. In der Stadt Scutari lebten zwei Familien, de Sclavis und Giorgi mit Namen, die sich durch ihre Glaubenstreue auszeichneten, und ihr mit besonderer Hingebung dienten. Sie erschien daher beiden Familien und gab ihnen den Auftrag, dass sie ihr Gnadenbild in Scutari, das für einen anderen Ort bestimmt sei, auf der Wanderung begleiten möchten. Beide Familien erklärten ungesäumt ihre Bereitwilligkeit.

Reise des Frescos

Und siehe! schon wollten sie den Weg antreten, als sich das Marienbild selbst von der Kirchenmauer zu Scutari losschälte, und gleich einem freundlichen Regenbogen, wie man dies jetzt noch in dem Bild schauen kann, in den Wolken erschien. Damit jedoch die frommen Begleiter dem Bild desto leichter nachfolgen konnten, dazu zeigte ihnen, wie dies schon im Alten Bund mit den Israeliten geschah, zur Nachtzeit eine Feuersäule und am Tag eine lichte Wolkensäule den Weg.

Mit trockenen Füßen überschritten sie das adriatische Meer, und gelangten unter dem stets sichtbaren Schutz Gottes nach Rom. Dort verschwand ihr fliegendes Bild samt den geheimnisvollen Säulen vor ihren Augen, und erschien allplötzlich – am 25. April des Jahres 1467 nachmittags zur Vesperstunde an der noch rauen Mauer der Augustinerkirche zu Genazzano.

Zu gleicher Zeit fingen die Glocken, als wollten sie den feierlichen Einzug der Himmelskönigin ankündigen und das andächtige Volk ermuntern, diese in ihrem wunderbaren Bildnis zu verehren, von selbst zu läuten an. Alsbald strömte das Volk scharenweise zusammen. Alle freuten sich beim Anblick des so schönen Gnadenbildes Marias und ihres göttlichen Kindes. Viele fragten voll frommer Neugierde: „Ei, woher kommt denn dieses wunderbare Bild?“

Reise des Frescos

Ankunft des Gnadenbildes in Genazzano, 25. April 1467

Niemand konnte sich dieses geheimnisvolle Ereignis erklären. Endlich erschienen die Begleiter des Bildes, innerlich von Gott erleuchtet, in Genazzano. Sie erzählten dem staunenden Volk, wie sie durch eine himmlische Erscheinung gemahnt wurden, dem hehren Bild zu folgen und wie sie hierher kamen. Die Leute glaubten ihnen umso lieber, da sie mit ihren eigenen Augen das Wunder sahen, und auch die Nachwelt kann und muss ihren Aussagen Glauben schenken, weil die wunderbare Erscheinung bis auf den heutigen Tag fortdauert.

Denn noch immer schwebt Mariens heiliges Bild zu Genazzano auf eine wunderbare Weise ganz unverletzt und frei in der Luft, wobei die Entfernung des Bildes von der Mauer einen Zoll beträgt. Auch ist das Bild noch, wie früher, der alte, dünne, leicht zerbrechliche Überzug der Mauer, aber so mild und lieblich, dass es eigentlich mehr ein Werk der Engel, als der Menschen zu sein scheint.

Maria vom guten Rat

Maria vom guten Rat, Kirche zu Genazzano

Dieses Wunderbild führte früher den schönen Namen „Maria vom Paradies“; im Jahr 1587 wurde es aber „Maria vom guten Rat“ genannt, weil die Kirche zu Genazzano, wo das Bild erschienen war, eben denselben Namen hatte. Später gab es zahlreiche Heiligtümer und Kirchen, welche die Mutter vom Guten Rate als Patrozinium haben.

In der heutigen Notsituation, für die es kein geschichtliches Vorbild gibt, müssen wir die Gaben des Hl. Geistes großzügig gebrauchen – und dazu gehört auch die Gabe des Rates! Sie vervollkommnet die Tugend der Klugheit, die erste unter den moralischen Tugenden. Die Klugheit läßt uns all unsere Handlungen so vollbringen, daß sie unserer ewigen Bestimmung dienen, daß wir unsere Seele retten.

Da die Kirche derzeit ohne die Autorität, d. h. ohne wahren Stellvertreter Christi lebt, gibt es viele Fälle, wo wir verwirrt sein können. In all diesen Umständen können wir nichts Besseres tun, als uns zur Mutter vom Guten Rate zu wenden, welche die himmlische Braut des Hl. Geistes und der hl. Tempel der Allerhll. Dreifatigkeit ist. Sie kann und wird es dann so einrichten, daß das göttliche Licht über uns erstrahlt und uns zum Himmel führt – ganz so, wie es die erwähnten eifrigen Katholiken von Scutari nach Rom und Genazzano geführt hat!

Im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

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